AdvanceGender
...
 
Gesundheitsberichterstattung
Relevanz

Die Gesundheitsberichterstattung (GBE) stellt aktuelle Informationen zur gesundheitlichen Lage der Bevölkerung für viele verschiedene Nutzer:innen zur Verfügung. Damit unterstützt sie die Planung, Umsetzung und Evaluation gesundheitspolitischer Maßnahmen. Datenquellen sind Gesundheitssurveys, epidemiologische Studien, Registerdaten, Routinedaten sowie die amtliche Statistik. Die GBE dient einem evidenzbasierten Diskurs und trägt zur Informationsfreiheit und politischen Willensbildung bei.

Daher sollte die GBE die gesundheitliche Lage der Bevölkerung und unterschiedliche Bedarfe differenziert abbilden. Paradigmatisch ist in diesem Sinne die Entwicklung einer geschlechtersensiblen GBE. Diese geht über den reinen Geschlechtervergleich hinaus, beleuchtet gesellschaftliche Rahmenbedingungen und bietet Erklärungsansätze für geschlechterbezogene Unterschiede an. Die GBE orientiert sich in ihrer Arbeit an Leitlinien guter Praxis, berichtet ihre Befunde geschlechterdifferenziert und adressiert das Thema Geschlecht in Schwerpunktberichten.

Herausforderungen

Die Umsetzung der geschlechtersensiblen Gesundheitsberichterstattung (GBE) bleibt eine Herausforderung. So läuft der statistische Geschlechtervergleich Gefahr, ein zu homogenes Bild von Frauen und Männern zu zeichnen. Es fehlt ein Analyserahmen, um die Diversität innerhalb der Geschlechtergruppen abzubilden und Risiken differenziert zu kommunizieren. Auch werden zu selten fundierte Erklärungsansätze für geschlechterbezogene Unterschiede angeboten. Der Geschlechtervergleich zwischen Frauen und Männern vernachlässigt zudem die geschlechtliche Vielfalt und damit z. B. die gesundheitlichen Bedarfe von inter- und transgeschlechtlichen Menschen. Schlussendlich erfolgt die Setzung von Inhalten und die Formulierung von Handlungsbedarfen in der GBE zumeist aus wissenschaftlicher Perspektive. Das Wissen bspw. von Vertreter:innen der Zivilgesellschaft über Informationen zu gesundheitlichen Belangen in geschlechterbezogenen Lebenslagen wird bislang nur wenig einbezogen.

Optionen

Um die Herausforderungen bei der Umsetzung einer geschlechtersensiblen Gesundheitsberichterstattung (GBE) anzugehen, hat sich das Teilprojekt AdvanceHealthReport der Weiterentwicklung der GBE in drei großen Arbeitsschritten gewidmet. Um einen Überblick über Strategien und gute Modelle der GBE zu Geschlecht zu erhalten, wurde eine internationale Recherche durchgeführt. Die gefundenen Berichte wurden daraufhin untersucht, wie sie Geschlecht in die Analysen einbeziehen, ob sie Intersektionen mit anderen Differenzkategorien berücksichtigen und inwieweit Erklärungen geschlechterbezogener Unterschiede angeboten werden. Um methodische Zugänge zu erproben, wie eine verstärkte Repräsentation von Nutzungsgruppen und insbesondere zivilgesellschaftlicher Perspektiven ermöglicht werden kann, wurden im Projekt Fokusgruppen durchgeführt, die thematisch spezifische Intersektionen von Geschlecht mit weiteren Differenzkategorien in den Blick nahmen (z.B. Migration und Geschlecht). In einer Delphi-Befragung gaben Expert*innen aus Wissenschaft und GBE über ihre Erfahrungen Auskunft und wichtige Hinweise, wie die Befunde aus der internationalen Berichtsrecherche und den Fokusgruppen in die Praxis überführt werden könnten.

Die Optionen für eine geschlechtersensible und intersektionale GBE gründen demnach auf dem wissenschaftlichen Diskussionsstand um geschlechtersensible und intersektionale Forschung und Berichterstattung, auf einem internationalen Review von Gesundheitsberichten, der Expertise zivilgesellschaftlicher Vertreter:innen, von Wissenschaftler:innen aus unterschiedlichen Disziplinen und thematischen Feldern sowie von langjährig erfahrenen Gesundheitsberichterstattenden auf der Bundes-, Landes- und der kommunalen Ebene. Die intersektionale GBE, wie sie hier zugrunde liegt ist als intersektionalitäts-informierte GBE zu verstehen. Bezogen auf die GBE bedeutet dieses Verständnis, dass die unterschiedlichen Elemente von Intersektionalität in den betreffenden Gesundheitsberichten in unterschiedlicher Auswahl und Gewichtung und damit in der Regel nicht vollständig umgesetzt werden. Die zugrundeliegenden Entscheidungen sollten transparent gemacht werden.

Die Delphi-Befragung von Expert:innen aus Wissenschaft und GBE zeigte eine große Zustimmung zu den entwickelten Empfehlungen. Die Teilnehmenden beurteilten viele Empfehlungen als „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Überwiegend beurteilten sie auch die Umsetzbarkeit der Empfehlungen in der GBE-Praxis als "gut". Schlussendlich gaben sie wichtige Hinweise zu deren Anpassung.

Übersicht der Optionen
Weitere Ressourcen