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Geschlechtersensibilität
Was ist Geschlechtersensibilität?

Unser Verständnis der Bedeutung von Geschlecht für die Gesundheit steht noch am Anfang. Dies liegt zum einen an der Komplexität und Vielfalt von Geschlecht selbst. Zum anderen stehen wir bei der Erklärung der Zusammenhänge von Geschlecht und Gesundheit vor großen Herausforderungen. Es ist beispielsweise nicht vollständig geklärt, welche Rolle Gesellschaft, Individuum und Biologie bei der Entstehung gesundheitlicher Unterschiede zwischen den Geschlechtern spielen und wie diese Faktoren miteinander interagieren. Geschlechtersensibilität bedeutet demnach, soziale und biologische Dimensionen von Geschlecht, sowie deren Interaktionen, umfassend zu berücksichtigen, um Zusammenhänge mit Gesundheit präziser verstehen zu können.

Wie kann Geschlechtersensibilität erreicht werden?

Geschlechtersensibilität kann nur erreicht werden, wenn die vielfältigen Geschlechteraspekte in allen Phasen des Forschungsprozesses einbezogen werden: Von der Formulierung der Forschungsfrage, über die Wahl des Studiendesigns, die Rekrutierung von Teilnehmenden und die Methode der Datenanalyse bis hin zur Interpretation und Vermittlung der Ergebnisse. Dabei werden in der Gesundheitsforschung aktuell insbesondere soziale, kulturelle und strukturelle Aspekte von Geschlecht unzureichend berücksichtigt. Ergebnisse aus einem geschlechtersensiblen Forschungsprozess stellen die Grundlage für eine geschlechtersensible Gesundheitsberichterstattung dar. Ziel dieser Gesundheitsberichterstattung ist es, die gesundheitliche Lage aller Geschlechter sichtbar zu machen und damit zu einer geschlechtergerechten Gesundheitsversorgung beizutragen. 

Um eine Basis für die Berücksichtigung der komplexen sozialen und biologischen Dimensionen von Geschlecht, inklusive ihrer Wechselwirkungen, im Forschungsprozess sicherzustellen, sollten geschlechtertheoretische Konzepte herangezogen werden. AdvanceGender fokussiert auf das theoretische Konzept der Intersektionalität, um eine Grundlage für ein umfassenderes Verständnis von Geschlecht zu schaffen. Darüber hinaus werden Möglichkeiten für die Integration weiterer zentraler geschlechtertheoretischer Konzepte, wie Geschlechtergleichstellung oder Geschlechtergerechtigkeit, beschrieben. Bei diesen theoretischen Ansätzen wird immer eine intersektionale Perspektive eingenommen, um die Verwobenheit von Geschlecht mit weiteren Dimensionen sozialer Ungleichheit wie dem sozioökonomischen Status oder der ethnischen Herkunft zu berücksichtigen.

Was ist Gender Bias?

Gender Bias kann auftreten, wenn einzelne Dimensionen von Geschlecht ausgeblendet, oder bedeutsame Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Gesundheit übersehen werden. In der Folge können falsche Rückschlüsse über die gesundheitliche Lage der Geschlechter und über mögliche Ursachen gesundheitlicher Ungleichheit gezogen werden. Aus diesem Grund wird Geschlechtersensibilität als Qualitätskriterium für die Gesundheitsforschung angesehen. Geschlechtersensible Forschung hat zum Ziel, Gender Bias durch ein umfassendes und mehrdimensionales Verständnis von Geschlecht zu vermeiden.

Beispiel Gender Bias in der Gesundheitsforschung

Weiterführende Literatur:

  • Jahn I, Bornhorst C, Gunther F, Brand T. Examples of sex/gender sensitivity in epidemiological research: results of an evaluation of original articles published in JECH 2006-2014. Health Res Policy Syst. 2017;15(1):11. https://doi.org/10.1186/s12961-017-0174-z
  • Jahn I, Gansefort D, Kindler-Röhrborn A, Pfleiderer B. Geschlechtersensible Forschung in Epidemiologie und Medizin: Wie kann das erreicht werden? Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 2014;57(9):1038-46. https://doi.org/10.1007/s00103-014-2010-8
  • Ruiz-Cantero MT, Vives-Cases C, Artazcoz L, Delgado A, García Calvente MM, Miqueo C, et al. A framework to analyse gender bias in epidemiological research. J Epidemiol Community Health. 2007;61 Suppl 2(Suppl 2):ii46-53. https://doi.org/10.1136/jech.2007.062034
  • Nieuwenhoven L, Klinge I. Scientific excellence in applying sex-and gender-sensitive methods in biomedical and health research. J Women Health. 2010;19(2):313-21. https://doi.org/10.1089/jwh.2008.1156