Die Definition und Nutzung von lösungsorientierten Geschlechtervariablen für die Beschreibung einer Studienpopulation sowie für die multivariable Datenanalyse zielen darauf ab, geschlechterbezogene gesundheitliche Ungleichheiten nicht nur mittels einer binären Geschlechtervariable aufzeigen zu können, sondern auch zugrunde liegende und möglichst veränderbare Mechanismen verstärkt in den Fokus zu rücken.
Durch Bezugnahme auf ein fundiertes theoretisches Geschlechterkonzept wie beispielsweise Gender können zentrale geschlechterbezogene Dimensionen analytisch erfasst werden.
Durch den Einsatz von lösungsorientierten Geschlechtervariablen in die Datenanalyse können zugrunde liegende Mechanismen für geschlechterbezogene gesundheitliche Ungleichheiten beschrieben werden und Anknüpfungspunkte für die Entwicklung von Interventionen zur Verringerung dieser Ungleichheiten aufgezeigt werden.
Geschlecht wird nicht lediglich als Merkmal betrachtet, sondern es werden verstärkt Mechanismen untersucht, die den identifizierten Geschlechterunterschieden zugrunde liegen. Durch diese Vorgehensweise kann verhindert werden, dass Gruppen oder Individuen auf ein bestimmtes Merkmal - wie beispielweise Geschlechtszugehörigkeit - reduziert werden.
Die Integration von modifizierbaren bzw. lösungsorientierten Geschlechtervariablen in das Gesundheitsmonitoring und weitergehend in die Gesundheitsberichterstattung hat das Potenzial, die empirische Grundlage für die Entwicklung sowie Evaluation von geschlechtergerechten Interventionen zu stärken.
Variablen, welche die Multidimensionalität von Geschlecht erfassen können, werden aktuell noch selten standardmäßig im Rahmen von populationsbasierten Studien erhoben. Eine weitreichende Integration von lösungsorientierten Geschlechtervariablen in die multivariable Analyse droht an dem aktuell noch vorherrschenden Mangel an entsprechend verfügbaren Daten zu scheitern.
Autor:innen: Emily Mena, Gabriele Bolte (Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Abteilung Sozialepidemiologie) im Namen des Verbundprojektes AdvanceGender
Zitiervorschlag: Mena E, Bolte G. WHRN-Genderkonzept zur Auswahl von lösungsorientierten Geschlechtervariablen. In: AdvanceGender Study Group (Hrsg.). Optionen für eine geschlechtersensible und intersektionalitäts-informierte Forschung und Gesundheitsberichterstattung; 2022. (www.advancegender.info)
Version: 1.0 (Datum: 04.01.2022)